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Rewind I


vor allem gestern am Arsch gegangen FILMRISS. Wundert mich, dass ich ihr überhaupt geschrieben habe. Ich öffne eine Dose Bier, stecke mir eine Zigarette an. Tom Waits singt I’ll shout the moon… for you. Ich wünschte, es gäbe einen Supermarkt, in dem man neben Alkohol auch Wörter einkaufen könnte. Irgendeine Psychologiestudentin geknallt. Glaube sie heißt Anna. Habe beim Vögeln ihren Ohrring verschluckt. Bis fünf Uhr neben ihr geschlafen. Bevor sie gegangen ist noch mal versucht sie flachzulegen; nur einen Halbsteifen, kein Orgasmus. Glaub, dass sie auch nicht gekommen ist. Danach Zigaretten und eine Flasche Smirnoff gekauft. Es ist Sechs Uhr. Ich bin deprimiert, meine Hände sind zittrig vom Alkohol und ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Es ist Sechs Uhr. Ein grauer, aus Zeitungspapier zusammengeklatschter Pappmaschehimmel, hängt schräg über den Dächern Wiens. Irgendwo im Westen der Stadt tropft Kleister von den Rändern dieses traurigen Krippenspiels. Am Ende meiner Gasse durchstößt eine goldene Messerspitze den Nebel aus Rauch und Rausch. Knapp daneben. Meine Hände sind zittrig vom Alkohol. Vielleicht ist es auch die Angst vor der tödlichen Klinge. Kein klarer Gedanke bekommt mich heute in den Griff. Dreimal schon von meiner Mutter angerufen worden, ich habe nicht abgehoben. Anna trifft sich heute mit einem Typen, der Paul heißt, und wahrscheinlich fickt er sie besser. Mir ein Bier geöffnet, höre in voller Lautstärker Radiohead. Habe höllische Kopfschmerzen und permanenten Dünnpfiff. Mir fällt nicht ein was ich tun soll, also hole ich mir einen runter. Ich habe noch Zehn Euro in meiner Hosentasche. Ziehe eine Line Speed und schreibe Anna ein SMS. Im Postkasten liegt noch immer der Brief von der Bank und vom Inkassobüro. Das Speed wirkt. Endlich so etwas wie Zukunft. Sie kribbelt in den Beinen und ich glaube erstmals wieder, dass alles gut wird. Ich drehe mir noch eine Zigarette, spiele mit meinen Rayban Sonnenbrillen herum und höre dazu Living in a Glasshouse. Ich sehne mich wieder nach Annas nacktem, warmem Körper. Ich drehe mir noch eine Zigarette und starre auf den Roy Lichtenstein Druck Girl with Hair Ribbon an meiner Wand. Danach lese ich zwei Gedichte von Jörg Fauser. Ich rufe meinen Bruder an, doch der hebt nicht ab. Ist auch besser so, wüsste ohnehin nicht, worüber ich mit ihm sprechen sollte. Dann uriniere ich in das Waschbecken in meiner Einbauküche und betrachte dabei meinen Schwanz. Ein dünner Strahl schlägt im Nirostabecken auf und einige Tropfen spritzen mir dabei ins Gesicht. Ich fühle mich gelangweilt. Danach nehme ich wieder auf meiner Couch platz und fotografiere mich mit dem Selbstauslöser. Ich bin groß gewachsen. Meine Haare sind dicht und kräftig wie satte Baumwurzeln. Meine Schultern sind breit. Meine Zähne sind stark und weiß. Ich setze ein wunderbar trauriges Lächeln auf und bringe meine vollen Lippen zur Geltung. Ich weiß, dass ich schön bin. Wieder klingelt das Telefon. Wieder ist es meine Mutter. Wieder nehme ich das Gespräch nicht an. Meine Hände riechen nach ihrer Vagina. Ich stelle mir vor wie ich Anna richtig vögle und öffne den Wodka. Die Aluminiumverschlusskappe schleift um den Glashals. Ich schenke mir Orangensaft dazu ein und stelle mir die Frau vor, die ich heute Nacht ficken werde. Wieder drehe ich mir eine Zigarette und versuche mir auszurechnen wie oft ich wohl diese Bewegung noch durchführen werde, bevor ich sterbe. Ich nehme einen Schluck Wodka und zieh mir noch etwas von dem Speed hinein. Dann bimmelt mein Telefon. Ein SMS von Anna. Sie schreibt, dass sie ihren Ohrring bei mir verloren habe.

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