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Gaststube

Während unten in der Stube noch die Gäste singen und anstoßen, liege ich bereits in meinem Bett. Durch die Ritzen des undichten Fensters pfeift Schneeluft und obwohl ich zwei paar Socken trage, wollen meine Füße nicht warm werden. Mitten in der Nacht, ich bin wohl kurz vor eins eingeschlafen, nachdem die Wirtin auch noch die beharrlichsten Gäste vor die Wirtschaft getrieben hat, weckt mich ein Geräusch, das ich zunächst für ein Kratzen an der Tür halte, sich bei längerem Hinhören wie ein kaum merkliches Klopfen ausnimmt, um dann ganz plötzlich zu verstummen. Einige Zeit später, mir ist es, als könnte ich mich nicht bewegen, denke ich die Tür müsse offenstehen, denn nun scheint kalte Luft vom Gang aus in das Zimmer zu dringen. Nun vernehme ich, wenn auch schwach, doch umso deutlicher Schritte auf dem Teppichboden und sind das nicht dürre überkreuzte Beine, die sich schwarz auf schwarz vom Fauteuil in der Zimmerecke abheben? Tanzt da nicht ein dünner Rockzipfel über den Boden? Es muss sich um einen Täuschung handeln, einen Traum oder einen schlechten Scherz eines Gastes, der vor der schimpfenden Wirten in meinem Zimmer Zuflucht gesucht hat. Könnte ich mich aufrichten, würde ich die Nachttischlampe aufdrehen und dem Spuke ein Ende bereiten, erleichtert feststellen, dass die Beine dem Vorhang gehören, der sich auf sonderbare weise um den Fauteuil gewickelt hat und die Zugluft wohl nicht vom Gang kommt, sondern aus dem zweiten Fenster, das wohl in der Nacht aufgesprungen sein muss. Vielleicht hat auch einer der erzürnten Gäste einen Schneeball auf das Gasthaus geworfen und dabei mein Fenster getroffen. Doch es ist nutzlos, ich kann mich nicht bewegen.


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