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Ein Gespräch

Er versuchte seine Schüchternheit zu überspielen. Diese Tatsache hätte er sich niemals eingestanden, selbst wenn ihm der Gedanke in den Sinn gekommen wäre. Doch die Anzeichen waren klar ersichtlich, selbst für keinen ausgewiesenen Kenner der menschlichen Psyche. Sie hatten sich im Kaffee Stein in der Volksgasse verabredet. Ein kleines verrauchtes Lokal, ungemütlich eingerichtet, mit Versatzstücken aus den 50er Jahren. Von ihrem Fensterplatz aus konnte man direkt auf eines dieser Diskontgeschäfte blicken, die in großen, aggressivfarbigen Lettern für allen möglichen Kram warben. Weiße Frotteesocken im 10er Pack, geschmacklose Handtücher, Bügelbretter, Luftmatratzen, Plastikbilderrahmen et cetera.

Nach längerem Schweigen sagte sie: „Ich glaube es ist besser, wenn ich gehe.“

„Warum? Du bist doch gerade erst gekommen.“ Sie ließ ihre Schultern wieder sinken. Ihre nussbraunen Augen verrieten, dass die Situation ausweglos verfahren war. Die Bedienung kam und nahm die Bestellung für einen schwarzen Tee mit Milch und einen weißen Spritzer auf. Unruhig drehte er sich eine Zigarette. Seine Hände zitterten dabei leicht. Mit seinen Dreitagebart, den nikotinfleckigen Raucherfingern und dem Dreck unter den etwas zu langen Nägeln wirkte er äußerst ungepflegt. Seine Kleidung hingegen hatte er offenbar sorgfältig ausgewählt. Sauberes weißes Leinenhemd, dazu eine dunkelbraune Kordjacke, Jeans und lässige Turnschuhe italienischen Fabrikats aus braunem rauleder. Man fragt sich bloß, wen er mit dieser Maskerade zu täuschen versuchte. „Wir haben uns doch geliebt. Was war mit Silvester, das war doch ein wunderbarer Abend.“, versuchte er das Gespräch wieder in Gang zu setzen. „Ja, das war ein schöner Abend. Und weiter.“ Ihr Gesicht blieb ausdruckslos, hart.


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